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Alles Neuro oder was?

Aktualisiert: 24. Juni 2022



Vor einigen Jahren hatte ich in der NZZ einen Artikel geschrieben, in dem ich die ausufernde Nutzung von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen diskutiert habe. Damals (2009) entwickelten sich mit dem Erfolg und der enormen Medienpräsenz der Neurowissenschaften die sogenannten Bindestrichdisziplinen, die gerne das Präfix Neuro im Namen trugen. Typische Beispiel sind bzw. waren die Neuro-Ökonomie, die Neuro-Theologie, die Neuro-Philosophie, das Neuro-Marketing und die Neuro-Pädagogik. Im Grunde ging es damals eher darum (so meine Meinung), dass die Grunddisziplinen versuchten, durch das Präfix Neuro ein bisschen interessanter, ja cooler zu werden. Aber eigentlich hatten sich nichts anderes zu bieten als bereits vor dem Beginn der modernen neurowissenschaftlichen Forschung. Wenn man im Kontext der Erklärungen seiner jeweiligen Disziplinen irgendetwas neurowissenschaftliches einfliessen liess, ohne wirklich neurowissenschaftliche Kenntnisse zu haben, konnte man seine Erklärungen aus den anderen Disziplinen immer moderner und schicker verkaufen. Ist das heute (also anno 2022) immer noch so oder hat sich da einiges geändert?


Es gibt sie immer noch, die Neuro-Trittbrettfahrer. Man findet sie vorwiegend im psychologischen Trainingskontext. Das sind in der Regel Personen, die keine Neurowissenschaftler sind und demzufolge lediglich über ein eher begrenztes Wissen über die Funktion des menschlichen Gehirns verfügen. Sie schmücken sich gerne als „Hirnforscher“ oder „Neuropsychologen“ und verkaufen dann Managementkurse, psychologische Trainings oder sonst irgendetwas.


Ist das schlimm? Nicht wirklich. Es ist manchmal ein wenig ärgerlich, insbesondere für die Neuropsychologen und kognitiven Neurowissenschaftler, die in diesen Fächern eine spezielle Aus- und Weiterbildung genossen haben. Man kann Hirnforschung, kognitive Neurowissenschaften und Neuropsychologie studieren. In der Schweiz existiert ein postgradualer Weiterbildungsgang „Neuropsychologie“, der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) anerkannt ist. Die Personen, die diese Ausbildungen absolviert haben, verfügen über gute Kenntnisse in der Neuropsychologie.


Also – bleiben wir entspannt, aber schauen wir genauer hin, welcher „Hirnforscher“ und „Neuropsychologe“ sich zu Alltagsthemen äussert.




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