Höchstleistungen – was unser Gehirn wirklich antreibt
- ljaencke9
- 11. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Was unterscheidet Menschen, die scheinbar mühelos Außergewöhnliches leisten, von all den anderen? Ist es Talent, Willenskraft, Intelligenz – oder einfach Glück? Die moderne Neuropsychologie zeigt: Höchstleistungen entstehen aus einem komplexen Zusammenspiel von Motivation, Disziplin, biologischer Ausstattung und – ganz entscheidend – den richtigen Rahmenbedingungen.
Neugier: Der Motor der menschlichen Entwicklung
Schon unsere Vorfahren waren neugierig. Neugier ist ein evolutionäres Erfolgsmodell: Wer Neues erkundet, entdeckt Nahrung, vermeidet Gefahren und lernt schneller. Beim Menschen wurde diese Fähigkeit massiv ausgebaut. Unser Gehirn liebt Neues – insbesondere das Belohnungssystem rund um den Botenstoff Dopamin reagiert auf Unerwartetes, Herausforderungen, die Aussicht auf Erfolg und eben das Erreichen von Erfolg. Das ist die Basis für Lernen und Weiterentwicklung.
Warum Ziele wichtig sind
Ohne Ziel, kein Antrieb. Höchstleistungen entstehen, wenn ein Mensch eine klare Aufgabe vor Augen hat, die ihn fordert – aber nicht überfordert. In diesem „Flow-Bereich“ treffen Anforderungen und Fähigkeiten optimal aufeinander. Ist die Aufgabe zu leicht, langweilen wir uns. Ist sie zu schwer, fühlen wir uns überfordert. Die richtige Passung entscheidet über Motivation, Engagement und letztlich über das Ergebnis.
Selbstdisziplin – die unterschätzte Superkraft
Ein zentraler Faktor für Höchstleistungen ist Selbstkontrolle. Sie entsteht im Stirnhirn (präfrontaler Cortex), wo Aufmerksamkeitssteuerung, Impulskontrolle, Emotionsregulation und Planung zusammenspielen. Menschen, die Höchstleistungen erbringen, können kurzfristige Versuchungen zugunsten langfristiger Ziele zurückstellen. Sie trainieren nicht nur ihren Körper oder ihr Wissen – sie trainieren auch ihren Willen.
Motivation: Von Eseln und Erfolgsjägern
Motivation kann von außen kommen – durch Lob, Geld, Anerkennung. Kommt sie von außen nennen wir das Motivieren. Motivieren bedeutet auch, dass man jemanden verleitet, etwas zu tun, was er eigentlich nicht will. Motivieren wirkt nur kurzfristig; wenige Stunden bis einige Wochen. Doch dauerhafte Höchstleistung braucht intrinsische Motivation: den inneren Antrieb, etwas zu tun, weil es sinnvoll, spannend oder bedeutsam ist. Erfolgsorientierte Menschen suchen gezielt Leistungssituationen und stellen sich realistischen Herausforderungen. Mießerfolgsvermeider hingegen meiden Risiko – oft auf Kosten ihres eigenen Potenzials.

Leistung ist kein Zufall
Neuropsychologisch lässt sich Leistung so zusammenfassen:
Leistung = Wollen × Können × Gelegenheit
Oder anders gesagt: Wer viel leistet, hat die innere Bereitschaft (das Wollen oder die Motivation), die nötigen Fähigkeiten – und die richtigen Rahmenbedingungen. Und auch wenn Ausnahmetalente wie Mozart beeindrucken, zeigt sich immer wieder: Training, Wiederholung und Gewohnheit sind mindestens genauso wichtig wie Begabung. Unser Gehirn verändert sich mit jeder Herausforderung, die wir annehmen – das nennt man Neuroplastizität.
Erholung ist Teil der Leistung
Wer nur trainiert, wird nicht besser – sondern schlechter. Höchstleister wissen: Regeneration ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für Wachstum. Schlaf, Pausen, bewusste Erholungsphasen stärken das Gehirn, helfen bei der Konsolidierung von Gelerntem und schützen vor Überlastung. Auch Verletzungsprävention und gezielte Rehabilitation sind zentrale Elemente in der Welt der Spitzenleistungen – nicht nur im Sport.
Verantwortung übernehmen – für sich selbst und andere
Ein wichtiger Leitsatz lautet:
„Die Verantwortung für alles, was Sie tun, beginnt bei Ihnen und endet bei Ihnen.“
Wer Höchstleistungen anstrebt, übernimmt Verantwortung für das eigene Tun, für Rückschläge und Erfolge. Diese innere Haltung stärkt die Selbstwirksamkeit, macht widerstandsfähig gegen Krisen und öffnet den Blick für Lösungen.
Zehn neuropsychologische Prinzipien für Höchstleistung:
Erfolg kommt von innen – nicht vom Zufall
Schlechte Tage zeigen, wie gut du wirklich bist
Sei du selbst – mit Ecken, Kanten und Eigenheiten
Verwandle Probleme in Chancen – mit Humor
Stimme dein Team auf gemeinsame Werte ein
Nimm Menschen als Individuen wahr
Lebe vor, was du erwartest
Setze erreichbare, kurzfristige Ziele
Fördere Stärken, statt Schwächen zu kritisieren
Bleib gelassen – besonders in der Krise
Fazit: Höchstleistung ist menschlich
Was wir als „Höchstleistung“ wahrnehmen, ist kein Hexenwerk – sondern das Ergebnis von Motivation, Disziplin, Übung und Selbstverantwortung. Jeder Mensch trägt das Potenzial in sich, über sich hinauszuwachsen – nicht ständig, aber immer wieder.
(1) Dieser Text fasst meine Vortragsreihe zum Thema „Wie erbringt man Höchstleistungen“ zusammen, die ich mittlerweile auf vielen Veranstaltungen in verschiedenen Versionen gehalten habe. Dabei verarbeite ich Erkenntnisse des Motivationspsychologen Heinz Heckhausen und das, was man über die neurowissenschaftlichen Grundlagen der Motivation und Emotion bislang zusammengetragen hat. Siehe hierzu auch die Kapitel "Motivation und Emotion" aus meinem Lehrbuch: 1. Jäncke L. Emotionen. In: Jäncke L, .Lehrbuch Kognitive Neurowissenschaften. Göttingen, Germany: Hogrefe Verlag; 2024. p. 615–49.
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